Seit 2022 hat Ulm einen neuen Platz. Dieser ist Rudolf Duala Manga Bell gewidmet. Und mir war diese Persönlichkeit bisher vollkommen unbekannt.
Dass Deutschland ebenso wie Frankreich, England und weitere Mächte früher eine Kolonialmacht war, ist mir bewusst.
Der Platz befindet sich in der Olgastraße direkt vor dem Gebäude der Staatsanwaltschaft. Ein passend gewählter Platz, geht es hier doch um einen Justizmord, dem Rudolf Duala Manga Bell zum Opfer gefallen ist.

Das Duala Volk
In der Bezeichnung des Platzes versteckt sich an zweiter Stelle die Benennung des Volkes, dem Rudolf Manga Bell angehörte, den Duala.
Die Duala (Eigenbezeichnung Duálá) sind eine Bantu-Volksgruppe entlang der Küste Kameruns (Littoral) mit ca. 400.000 Angehörigen, die traditionell vom Handel am Wouri-Ästuar lebten und durch frühen Kontakt mit Europäern (Portugiesen, dann Deutsche und Briten) hohen Wohlstand und Bildungsgrad erreichten. Die Geschichte des Volkes wurde mündlich überliefert.
Die Duala führen ihre Herkunft auf Mbedi zurück, dessen Söhne Ewale und Dibombo aus dem heutigen Gabun/Kongo nach Kamerun auswanderten. Ewale zog zum Wouri-Fluss und begründete das Volk der Duala. Dibombo zog zum Sanaga-Fluss, wo sich seine Nachkommen als Volk der Limba formierten.
Die Duala-Küste wurde 1472 erstmals von Portugiesen erreicht. In den folgenden Jahrhunderten entwickelten sich die Duala zu führenden Küstenhändlern, zunächst mit Elfenbein und Kolanüssen, später auch mit Sklaven, die sie an europäische Händler verkauften. Im 19. Jahrhundert übernahmen Deutsche und Briten die Handelsdominanz. Unter britischem Druck unterzeichneten Duala-Könige 1840/41 erste Anti-Sklaverei-Verträge. Die Briten förderten zudem Christianisierung und westliche Bildung. Trotz britischer Einflussnahme sicherte sich Deutschland 1884 mit Verträgen unter Gustav Nachtigal die Kolonialherrschaft über das Gebiet.
Nach der deutschen Annexion Kameruns 1884 kam es zu Widerstand von rivalisierenden Kolonialmächten und innerhalb der Duala-Gesellschaft. Prinz Lock Priso und viele Duala bevorzugten britische Herrschaft, König Bell verlor durch interne Konflikte an Einfluss. Die Deutschen nutzten die Rivalitäten unter den Duala strategisch aus, unterstützten Bell gegen König Akwa und festigten so ihre Kontrolle.
Duala wurde zunächst Verwaltungszentrum, verlor diese Rolle aber 1901 an Buea. Der deutsche Kolonialismus schwächte die Handelsmacht der Küstenvölker; viele Duala kehrten zur Landwirtschaft zurück. Eine gebildete Duala-Elite nutzte westliche Bildung, um gegen Kolonialpolitik – etwa Kopfsteuern und Zwangsumsiedlungen – zu protestieren.
König Rudolf Duala Manga Bell organisierte ab 1910 Widerstand gegen die deutsche Landnahme. Trotz Unterstützung durch andere lokale Herrscher, etwa König Ekandjoum Joseph, wurde Bell 1914 wegen angeblichen Hochverrats von den Deutschen hingerichtet – auf Hinweis des Sultans von Bamum, Ibrahim Njoya.
Nach dem Verlust Kameruns durch Deutschland im Ersten Weltkrieg übernahmen 1918 die Franzosen die Verwaltung der Duala-Gebiete. Die Duala waren nun stärkerer Repression und kulturellem Anpassungsdruck ausgesetzt. Zwar blieben viele Duala bis in die 1930er Jahre in wirtschaftlich wichtigen Positionen (z. B. als Händler, Häuptlinge, Kleriker), doch entmachtete Frankreich ihre traditionellen Führer zunehmend.
Die französische Kolonialpolitik zwang viele zur Plantagenarbeit oder zur Zahlung von Bußgeldern, was Arbeitskräftemangel in wohlhabenderen Gegenden verursachte. Die Franzosen holten gezielt Arbeitskräfte aus dem Inland (vor allem Bamileke) an die Küste, um die Duala politisch zu schwächen. Dies führte zu wachsender Konkurrenz und ethnischen Spannungen, zumal die Duala ab den 1930er Jahren in ihrer eigenen Stadt zur Minderheit wurden.



Folgend die Beschreibung der Stele zur Erklärung des Platzes. Zur Ergänzung ist auch der sehr gut geschriebene Wikipedia Artikel empfehlenswert.
Rudolf Duala Manga Bell
Rudolf Duala Manga Bell, geboren am 20.3.1875, war ein Oberhaupt der Duala in Kamerun zur deutschen Kolonialzeit. Er besuchte in Ulm das Gymnasium und wurde später ein Opfer deutscher Kolonialjustiz.
Duala Manga entstammte einer Königsfamilie des Stammes der Duala, die in einem Küstenbezirk im heu-tigen Kamerun lebten. Er absolvierte zunächst die deutsche Schule in Kamerun. Danach reiste er nach Deutschland, wo er von 1891 bis 1896 das Progymnasium in Aalen und von 1896 bis 1897 das Gymnasium in Ulm besuchte. 1908 trat Rudolf Duala Manga Bell nach dem Tod seines Vaters die Nachfolge als König der Duala an. Gegen die Versuche deutscher Geschäftsleute und der Kolonialverwaltung in Kamerun, die Duala als Zwischenhändler auszuschalten, sie zu enteignen und gewaltsam umzusiedeln, protestierte er beim deutschen Gouverneur und schickte 1911 und 1912 Petitionen an den Reichstag in Berlin. Die Kolonialverwaltung versuchte, Rudolf Duala Manga Bell als Wortführer des Widerstandes auszuschalten. Obgleich sie nur friedlich und auf dem Rechtsweg gegen die Vertreibung protestiert hatten, wurden er und sein Sekretär Ngoso Din verhaftet, wegen Hochverrats angeklagt und nach einem Scheinverfahren am 8.8.1914 in Duala hingerichtet. Schon deutsche Zeitgenossen werteten dies als „Justizmord“. In seiner Heimat wurde Rudolf Duala Manga Bell zu einem Märtyrer des Widerstands gegen die deutsche Kolonialherrschaft
Weitere Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Duala_(Volk)
https://www.ulmer-spickzettel.de/rudolf-duala-manga-bell-ein-ulmer-schueler-und-widerstandskaempfer/
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Manga_Bell
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