Die Sache mit dem Veganismus

Seit gut 1,5 Jahren versuche ich mich an der veganen Ernährung und das doch ganz erfolgreich.
Was zu Anfang nur ein kulinarisches Experiment war ist recht zügig zu einer Überzeugung geworden, dass es eine omnivore Ernährung nicht (mehr) braucht.

Kurz um, ich fühl mich recht wohl mit dieser Art der Ernährung und sie ist in kulinarischer Hinsicht teilweise so spannend, dass ich weiterhin sehr fröhlich mich in Küchenabenteuer stürze.

Trotzdem aber habe ich meine Ernährungsweise in den fast 36 Jahren davor nicht vergessen. Ich weiß noch so in etwa wie gut Fleisch schmecken kann. Geschnetzeltes mit Rahmsauce, Leber mit Apfel und Zwiebel, ein gut gebratenes Steak nur mit etwas Salz kredenzt – ja, ich habe das alles sehr genossen. Aber im Moment (dieser Moment, der seit über 1,5 Jahren andauert) möchte ich das nicht mehr.

Ich halte die eigene Ernährung für eine recht persönlichen Entscheidung. Entsprechend habe ich nichts dagegen, wenn andere Personen diese Entwicklung oder diesen Schritt (noch) nicht machen.

Und ja, manchmal ist es wirklich nicht einfach mit diesem veganen Zeugs. Und meistens ist das dann die Zeit in der ich mich sehr gerne an fertigen veganen HotDogs oder Pizzen bediene. Und nein, ich schau mir die Zutatenliste von dem Fastfood dann nicht an. Das hatte ich bei nicht pflanzlichen HotDogs und Pizzen genauso wenig getan – und nur zur Erinnerung: Wenn man sich Fastfood kauft und konsumiert, dann möchte man sich in dem Moment nicht zwangsläufig auch gesund ernähren. Sonst hätte man sich kein Fastfood geholt.
Regelmäßig Richtung Herbst ist mir eigentlich sehr nach Blutwurst. Aber ich vermute sehr stark, dass ich auf eine gute vegane Variante noch Jahrzehnte warten dürfte.
Und ja, nicht-vegane Schokolade ist sehr viel toller als vegane Schokolade. So, jetzt ist es raus.
Das resultiert dann darin, dass ich nach diversen Tests und Probierphasen es erfolgreich aufgegeben habe. Nun gönne ich mir wohl jährlich einen Adventskalender der Confiserie Bengelmann (https://bengelmann.com/), die wirklich tolle vegane Pralinen macht und das war es dann mit dem Schokoladenkonsum im Großen und Ganzen.
Und was ich auf den Grill tun soll, weiß ich immer noch nicht. Laufe ich in die Gefahr grillen zu wollen, kommt mir meist eine Szene aus dem Film „Der Hobbit“ in die Gedanken, in der die Zwerge in Bruchtal damit konfrontiert sind, dass es nur lauter „Grünzeug“ gibt und einer der Zwerge aus lauter Verzweiflung versucht einen Salat oder Kohl zu grillen, was entsprechend mäßig gelingt. So ähnlich geht es mir im Moment auch, aber wer weiß, vielleicht entdecke ich das vegane Grillen noch für mich.

Was ich zusätzlich schwierig finde ist diese vegane Community.
Ja, Spinner gibt es überall. Aber die Dichte an Spinnern und kuriosen Menschen in diesen Communities scheint mir seit einer ganzen Weile doch überdurchschnittlich hoch zu sein.
Nein, ich habe keinen Spaß an Witzen über Omnivoren oder Vegetariern. Ja, Medikamente basieren aktuell weiterhin teilweise auf Stoffen tierischen Ursprungs oder werden an Tieren getestet. Deswegen Impfungen oder notwendige Medikamente abzulehnen halte ich für grob fahrlässig.
Zu gut deutsch, der Veganismus ist in diesen Communities die einzig akzeptierte Art der Ernährung. Aber es muss dann auch noch super healthy und vollwertig sein.
Soja und Hefeflocken scheinen eine Art Gottheit zu sein und ganz grundsätzlich scheint die Mehrheit vergessen zu haben, dass sie selbst mal sich omnivor oder vegetarisch ernährt haben.

Nun gut. Ich hoffe darauf, dass es da draußen auf der Welt noch ganz viele tolerantere Veganer gibt, die verbal weder mit Mistgabeln noch mit Basebalschlägern auf Omnivoren los gehen.
Aber sie scheinen halt schon sehr verbreitet zu sein.
Das merkt man dann an Reaktionen von misslungenen Provokationsversuchen.

Mittlerweile poste ich gelegentlich meine Rezepte wieder auf Facebook. Gelegentlich folgt auf das ein oder andere Rezept dann so ein Kommentar, dass das aber mit Käse oder Sahne oder einem anderem nicht veganem Produkt besser schmeckt.
Von mir gibt es dann die übliche Antwort in der Richtung „Ja, mag sein. Probier das gerne aus.“ was meist ein ordentliches Erstaunen auslöst, gefolgt mit einem Erklärungsversuch.
Ich finde diese Situationen einerseits witzig und zum anderen zeigt es aber auch wieviel Streitpotential im Thema der Ernährung drin steckt.

Ich akzeptiere, dass viele Menschen sich mit der veganen Ernährung nicht beschäftigen wollen oder es vielleicht noch gar nicht als Option für sich entdeckt haben. Das ist für mich ok. Immerhin hab ich selbst 36 Jahre gebraucht um auf die Idee zu kommen es ausprobieren zu wollen.

Und diese 36 Jahre Erinnerung sind nun auch der Grund, warum ich mir in meiner Küche jährlich eine nicht-vegane Ausnahme gestatte.
Letztes Jahr war es das Surströmming und dieses Jahr soll es ein Khachapuri werden.
Der Käse dafür ist schon im Kühlschrank und die Eier werde ich mir dann wohl diese Woche holen.
Den Teig werde ich wie gewohnt vegan gestalten, einfach weil dieser Bestandteil meistens kaum einen Unterschied macht zu den nicht-veganen Teigen.

Und ja, ich freu mich schon sehr auf diese Ausnahme, seit dem ich mir ausgesucht habe was es werden soll.