#notjustsad – ein Nebenschauplatz

 

Das mit den psychischen Erkrankungen ist ja so eine Sache. Wenn man die Ursache(n) gefunden und mit Hilfe einer Therapie besser weiß damit umzugehen, heißt das noch lange nicht, dass auch alle Symptome und Begleiterscheinungen damit verschwinden. Ab erfolgreicher Therapie mildern und schwächen sie sich vielleicht ab, aber bis dahin ist es meist ein langer Weg mit Höhen, Tiefen, Rückschlägen und Zweifeln. Aber eben erst dann.
Auch kann in so einer tiefenpsychologischen Therapie, wie ich sie habe, eben tatsächlich auch nur das besprochen und behandelt werden, was man auch preis gibt. Der Therapeut oder die Therapeutin kann nicht in den Kopf des Patienten schauen und genau das hat sich bei mir gerächt.

Nein, bewusst verschwiegen habe ich nichts. Aber ich habe etwas, was sich vor dem mentalen Zusammenbruch im Juni 2017 ereignet hat, einfach vergessen und verdrängt. Es war ja „bewältigt“.
Nachdem wir aber sehr gute Fortschritte gemacht hatten in der Therapie dachte ich lange Zeit nicht mehr daran und sah auch die Anzeichen dafür nicht.
Ja, tatsächlich, man kann solche Symptome als Betroffener ganz problemlos übersehen. Wir haben in unserer deutschen Sprache zwei Worte die genau das sehr gut beschreiben. Es ist der Unterschied zwischen „schauen“ und „sehen“.
Erst als dann auf der Arbeit einiges wieder mächtig schief lief, ich fast eine Woche Büro hinter mir hatte, sah ich dann das Unglück und das Ausmaß dessen.

Was dann folgte war erst einmal Verzweiflung, geprägt von Enttäuschung über sich selbst und die drängende Frage wie ich das denn schaffen soll.
Dass ich nicht all zu lange in dieser Phase gefangen war verdanke ich mal wieder den Katern. Verzweiflung macht mich persönlich mental nahezu bewegungsunfähig. Das ist der Einstieg in den Kaninchenbau in dem am Ende oder irgendwo mitten drin der schwarze Hund oder das Loch wartet in dem einen dann die Depression einfängt und nicht mehr los lässt.
Aber mit drei schnurrenden Katerchen finde ich auch wieder den Ausgang aus diesem Kaninchenbau.
Und so war es mir möglich, angetrieben von dem Gedanken, dass ich das doch schon mal geschafft habe, einen Plan zu fassen.

Was ist das Ziel?
Was muss gemacht werden?
Wo bekomme ich Hilfe dafür?
Wer darf helfen?
Wieviel kann ich selbst davon schaffen?

Das waren nur ein paar Fragen die ich mir gestellt habe und die mir halfen die nächsten Schritte anzugehen.
Gleichzeitig wusste ich aber, dass diese physische Bewältigung schnell gehen muss. Ich war in dem Moment zwar nicht mehr direkt im Kaninchenbau, aber am Rand davon und je länger nun diese Situation angedauert hätte, desto tiefer wäre ich im Kaninchenbau wieder versunken und verschwunden. Jetzt hatte ich noch die Kraft dagegen anzukommen und genau das musste ich ausnutzen.

Der Plan stand. Der Zeitplan auch.
Direkt am nächsten Morgen erhielt meine Chefin eine Vorwarnung, dass ich kurzfristig ausfallen könnte um etwas bewältigen zu können. Am Vormittag rief ich dann die Helfer an. Es folgte eine Vorabbesichtigung am Nachmittag und daraus entstand dann das tatsächliche Startdatum. Der folgende Montag.
Bis dahin musste ich Vorarbeit leisten, aber zuvor informierte ich noch einmal meine Chefin.
Samstag Vormittag folgte dann wieder der zweiwöchige Termin bei meiner Psychologin bei dem wir nun das erste mal dieses Symptom besprochen haben.
Die Sitzung hatte es in sich und mein Plan, das innerhalb drei Tage schaffen zu wollen rückte weiter weg. Ich bekam die Auflage zu versuchen mich nicht zu überfordern. Dabei hatte ich mir den Gewaltakt so schön geplant.

Nun gut, gedanklich ab Nachmittag zur Seite geschoben und die Vorbereitung begonnen.
Nicht überfordern war die Maßgabe. Also wurde jedesmal wenn ein Katz in die Nähe kam und nach Aufmerksamkeit verlangte dem auch nachgegeben. Gekocht, gegessen und geschlafen wurde auch.
Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb war ich Sonntag Abend mit der Vorbereitung tatsächlich durch.

Montag Früh wurde nochmal mit der Chefin telefoniert und Zeit erbeten. Statt 2-3 ging es nun ja um 5 Tage. Ok, bekommen wir hin. Großartig, eine Baustelle weniger.
Und ab 8 Uhr waren dann die Helfer da.

Sich tatsächlich helfen zu lassen ist manchmal die größte Aufgabe überhaupt. So auch hier. Es war ein pures Aushalten. Es half, dass ich mir für den Montag während dem die Helfer arbeiteten eine Aufgabe reserviert habe. Ablenkung mit produktiven Ergebnis.
Die Helfer waren fertig und ich gönnte mir erst einmal eine Schmuserunde mit den Katerchen, die in der Zeit im Schlafzimmer evakuiert waren.
Der gedachte mentale Breakdown nach diesem Aushalten blieb nahezu aus. Ich war also weiter handlungsfähig und nutze das.

Macht ihr euch ToDo-Listen?
Ich bisher nicht. Ich neige dazu mich dabei zu überfordern und zuviel von mir zu erwarten. Dennoch fing ich in dieser Woche mit solchen ToDo-Listen an. Allerdings mit ein paar Ergänzungen für meinen Zweck und um genau diese Überforderung zu vermeiden.
1. Es ist vollkommen ok nicht alles von dieser Liste an einem Tag zu schaffen.
2. Punkte zu verschieben oder die ToDo Liste flexibler zu gestalten als ursprünglich gedacht ist erlaubt.
3. Es wird aufgeschrieben was zusätzlich geschafft wurde.

Das funktionierte auch ganz gut mit diesen Listen und zur großen Freude wurden die Listen mit den Tagen der Woche immer kürzer. Das Ziel wurde immer greifbarer und schlussendlich musste ich dann ab Donnerstag mich darauf vorbereiten den erreichten Status Quo nun zu halten. Dauerhaft zu halten.

Das geht aktuell in dieser Anfangszeit nur durch Kontrolle. Kontrolle von mir, durch diese ToDo-Listen,   und von Außen.
Dieses Außen ist zum einen meine Psychologin, meine Psychaterin, meine Bekannten und Freunde und auch SocialMedia.

Ja, so kann man Instagram, Twitter und Co auch einsetzen.
Dieser Blog hier hat ja bereits schon eine Kontrollfunktion für mich. Er hält mich am Kochen. Also an einem Stück Selbstfürsorge, das ich in stressigen und chaotischen Zeiten nur zu gerne über den Haufen werfe.
In welcher Form mir nun hier mit diesem neuen Problem der Blog oder eben SocialMedia helfen kann muss ich noch austüfteln.

Und ja, irgendwann kann ich diese Kontrollen, die ich mir gerade selbst auferlege sicherlich etwas lockerer gestalten. Aber nun, da das Problem erst so frisch und tatsächlich erst physisch gelöst wurde und noch nicht psychisch, ist diese Kontrolle notwendig.
Und ob ihr wollt oder nicht, ihr werdet mir dabei helfen. Vielleicht ist so eine Roomtour mal angebracht als erster Schritt. Ja, doch. Warum nicht.
Spannend für euch, Kontrolle für mich. So funktioniert das.