Goofy und die Matschpfütze

Kennt ihr Goofy? Nein? Ich bis vor Kurzem auch nicht.
Goofy ist ein Rind, das von einer Schulklasse vor der Tötung kurz nach seiner Geburt gerettet wurde und im Rahmen eines Projekts nun demnächst wohl geschlachtet werden sollte.Ich persönlich habe nur durch zwei Artikel der Hamburger Morgenpost davon erfahren, die merkwürdig genug waren um meine Aufmerksamkeit zu erregen.

mopo.de – Schulprojekt an Hamburger Gymnasium: Kalb „Goofy“ wird geschlachtet
mopo.de – Streit um Kalb „Goofy“: Finanzsenator Andreas Dressel bezieht StellungNun, wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere, dann hatten wir damals an anderen Schulen regelmäßig Diskussionen darum ob nun ein Frosch im Biologie Unterricht seziert werden muss oder nicht. Bei meiner Klasse und Schule kam es dazu gar nicht, da ich nur ein einziges Jahr lang Biologie hatte, dank der sprachlichen Ausrichtung des Gymnasiums auf dem ich war.
Wenn ich mir das in Erinnerung rufe, dann wirkt auf mich ein Schulprojekt, dessen Ende und Ziel die Schlachtung des Kalbs ist gelinde gesagt merkwürdig.

Nun, ich kenne die Schule nicht und ich weiß auch Nichts über die Beweggründe zur „Rettung“ des Tieres und auch nicht wie es zum Entschluss oder zur Gestaltung des Projekts kam. Insofern kann ich mir hier kein Urteil darüber erlauben. Dazu ist mein Wissen über dieses Projekt und die Vorgänge dazu zu begrenzt.
Aber ich darf und kann nun einerseits meine Vermutungen dazu äußern, genauso wie es mir freisteht meine Gedanken dazu zu teilen und hier nieder zu schreiben.

Fakt ist, dass wir in einer Gesellschaft leben in der es Unterschiede gibt zwischen Haustieren, Nutztieren und Wildtieren.
Und ich vermute nun ganz lapidar, dass hinter diesem schulischen Projekt nun schlicht der Gedanke steckt die Wertschöpfungskette innerhalb der Fleischindustrie, zumindest im Ansatz, mit zu erleben.

Soweit so unschön.
Nun bin ich seit Anfang des Jahres auf anderen Pfaden unterwegs. Mit meiner Ernährungsumstellung auf die rein pflanzliche Ernährung haben sich in mir neue Ethiken und Ansichtem gebildet.
Ich war 35,84 Jahre der Meinung, dass Fleischverzehr und damit die Tötung und Verarbeitung von Nutztieren für kulinarischen Genuss durchaus vollkommen ok ist. Seit Mitte/Ende Januar hat sich meine Ansicht verändert. Ich habe zum Einen gesehen und Erfahren wie einfach eine pflanzliche Ernährung sein kann und zum Anderen ist in mir die Erkenntnis gereift, dass ich es persönlich nicht mittragen möchte, dass Tiere, ähnlich intelligent und fühlend wie unsere geliebten Haustiere, für einen 5-10 minütigen Genuss getötet werden. Schon gar nicht zu den aktuell vorherrschen Begebenheiten in der industriellen Fleischproduktion  und auch ganz grundsätzlich nicht.

Stand 2017 sind mit mir ca. 10% der Bevölkerung in Deutschland zumindest teilweise der gleichen Meinung. (Prozentsatz der sich vegetarisch und vegan ernährenden Menschen innerhalb Deutschlands)
Bleiben noch 90%, die diesen Weg der Erkenntnis noch nicht gegangen sind.

Bis also sich die Gesellschaft an sich anerkennt, dass es andere Wege der Ernährung gibt und die aktuelle Fleischproduktion oder die Produktion von Produkten tierischen Ursprungs nicht in diesem Ausmaß und Umfang nötig ist ist es noch ein langer Weg.
Dass das noch ein sehr weiter Weg ist oder sein kann zeigt genau dieses Schulprojekt.

Nein, damit möchte ich nicht sagen, dass ich dieses Projekt „ok“ finden. Ich möchte damit sagen, dass wir, diejenigen die eine andere Einstellung gegenüber der „Verwendung“ unserer Nutztiere haben, tatsächlich damit umgehen müssen, dass die Gesellschaft zum großen Teil anders denkt und fühlt in diesem Bezug.
Einen Shitstorm über die Schule oder die Klasse, die dieses Projekt gestartet hat, zu bringen als Protest dagegen wird nun nicht sonderlich erfolgreich gewesen sein um die Beteiligten die Problematik an diesem Vorhaben zu erkennen.
Das Tier wurde von der Klasse nicht gerettet um der Rettung willen. Anders also als das Tierschützer tun würden. Und ja, Tierschützer können schon sehr militant rüber kommen.

Tja, und nun?
Ich würde sagen der Treffer wurde versenkt. Aber eben nicht im Tor sondern in der Matschpfütze davor. Und nun stehen alle mehr oder weniger mit Matsch bespritzt drum herum.
Die Schule, die Schulklasse und die begleitenden Lehrer, aber eben auch die Tierschützer und all jene, die mit Brechstangen das Projekt gestoppt haben.

Wie gesagt. Ich habe 35,84 Jahre gebraucht um mich von diesem komischen Bezug zu Nutztieren und dem Konsum Produkte tierischen Ursprungs loszusagen.
Die Kids sind gerade erst dabei ihre Meinungen, Ethiken und Prinzipien zu finden. Und in diesem Bezug kann man sowohl das ursprüngliche Projekt wie aber auch die Erfahrung der „Brechstange“ als „nicht hilfreich“ titulieren.